© Bea Waldera-Kynast, alle Rechte vorbehalten für Bilder und Texte
Das Haschemitische Königreich Jordanien (seit 1946 unabhängig) liegt im Nordwesten der Arabischen Halbinsel am östlichen Ufer des Jordan. Es ist ein modernes, westlich orientiertes Land (Staatsform: konstitutionelle Monarchie), das als "Stabilitätsanker" in der arabischen Welt gesehen wird. Es hat eine rasant wachsende Bevölkerung (11 Mio.), die nicht nur durch hohe Geburtenraten, sondern auch durch die Aufnahme von mehr als 3 Mio. Flüchtlingen (hauptsächlich aus Syrien und Palästina) verursacht wird. Jordanien ist ein sicheres und beliebtes Reiseland, das nebst historischen Denkmälern, Naturschutzgebieten und grandiosen Wüstenlandschaften auch Badeorte am Roten und am Toten Meer zu bieten hat.
Die Lebensumstände der Beduinenvölker haben sich kontinuierlich verschlechtert. Es fehlten Konzepte und Perspektiven, die den Übergang in die Moderne erleichtet hätten und so startete 1985 südlich der Stadt Madaba mit zwölf Frauen des Bani-Hamida-Stammes ein wegweisendes Textil-Projekt, das den Frauen ein Auskommen mit handgefertigten, traditionellen Woll-Teppichen garantieren sollte. Das Projekt wuchs schnell und hat bis jetzt mehr als 1´600 Frauen geholfen, ein wirtschaftliches Standbein aufzubauen. Aktuell sind 280 Mitglieder im Projekt aktiv. Die Produktpalette wird immer breiter aufgestellt, das Design stets dem Zeitgeist und der Mode angepasst und die Vermarktung findet weltweit statt.
Inzwischen wird das Projekt von der Jordan River Fondation, deren Schirmherrin Königin Rania ist, unterstützt.
In Jordanien dominieren monotone, graue und staubige Landschaften, daher fallen einem um so mehr bunte, farbenfrohe Textilien auf, mit denen sich Menschen dort gerne umgeben.
Es sind: Möbelbezugsstoffe, Decken, Tischtücher, Dekorationen, Wand- und Bodenteppiche und alles in bunten, grellen Farben. Die Farbe Rot dominiert aber über alles.
In der Wüste kann es nachts sehr kalt und tagsüber glühend heiss sein. Schon Beduinen wussten, dass Stoffe aus Kamelhaar die besten Eigenschaften für die
Wüste aufweisen: optimale Temperaturregulierung, hervorragendes Feuchtigkeitsmanagement und geringes Gewicht - man musste sie nämlich stets mit sich transportieren. So unscheinbar und
farblos klassische Beduinenzelte nach Aussen wirken, um so prachtvoller und bunter sind sie innen ausgeschmückt.
Teppiche sind allgegenwärtig und zwar Innen wie Aussen. Ob im Wüstencamp, den bewohnten Höhlen, in den Wohnungen, Hotelzimmern und Moscheen. Auf dem Boden oder als dekorative Wandbehänge. Alle Techniken sind zu finden: gewoben, geknüpft, bestickt. Es sind wahre Meisterwerke dabei. Und es gibt eine einheitliche Regel: die Innenräume darf man nie mit Schuhen betreten.
In Jordanien bekennen sich 92% der Menschen zum sunnitischen Islam (gegenüber anderen Religionen zeigt man sich aber betont tolerant). Ein Moslem betet fünf Mal am Tag, auch wenn er unterwegs ist. Auf meiner Reise bat ich also ein paar Gläubige, ihre Gebetsteppiche fotografieren zu dürfen. Es ist eine bunte Foto-Sammlung entstanden und alle der kostbaren Gebetsteppiche haben eins gemeinsam: Das Symbol von Mekka ist auf allen zu finden.
Der grösste Gebetsteppich mit einer Fläche von 1´600 m² liegt aber in der König Abdullah Moschee in Amman.
Um ihn zu sehen, musste ich am Eingang einen Umhang (eine Art "Burka") überziehen...
Für Jordanische Frauen ist es wichtig, eine traditionelle Tracht für besondere Anlässe zu besitzen. Dafür wird sehr viel Geld ausgegeben. Die Farben, die dominieren sind: Rot und Schwarz. Jordanische Trachten unterscheiden sich nur wenig von denen aus Palästina. Das, was einen am meisten beeindruckt, sind die kunstvollen Stickereien in der Technik des "Kreuzstichs". Eine andere Technik, die zum Beispiel zum Verzieren von Schultertüchern angewandt wird, ist die des dekorativen "Kettenstichs" mit verschiedenen Farbverläufen.
In Jordanien tragen viele Männer diese Art der Kopfbedeckung aus Baumwolle, die durch den einstigen Palästinenserführer, Jassir Arafat, weltweit bekannt wurde. In Jordanien trägt man traditionell rote Kufiyas als Symbol der Solidarität mit Palästinensern. Für Touristen ist es ein Souvenir-Artikel, den es überall zu kaufen gibt. Sie werden inzwischen in allen Farben und Ausführungen (unter 5 CHF!) angeboten. Es gibt kaum noch Webereien, die Kufiyas im Land produzieren - die meisten kommen heutzutage aus China.
Ein Blick in die Modehäuser zeigt, dass auch in Jordanien billige Textilien aus China Einzug gehalten haben. Polyester statt Seide...Obwohl es in Jordanien KEINE Pflicht gibt, ein Kopftuch zu tragen und auch Königin Rania ohne Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit auftritt, so sieht man kaum Frauen, die es nicht tun. Ein „Hijab“ scheint einfach dazu zu gehören. Den gibt es in verschiedenen Ausführungen und Modellen, die von aktuellen Modetrends bestimmt werden. Auf den Strassen sieht man gelgentlich auch vollverschleierte Frauen, diese sind jedoch aus Saudi Arabien - habe ich mir sagen lassen.
Und da bleibt auch die Frage, was unter den weiten Kleidern getragen wird? - raffinierte Dessous!
Quellen:
Die meisten Informationen habe ich von meinem jordanischen Guide, Anees Jarrar.
Andere Quellen: Jordan River Fundation, Bani-Hamida-Projekt, Wikipedia und das Magazin: "Jordanien Verstehen" vom Studienkreis-Verlag.
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